Lesung mit dem Schweizer Schriftsteller Peter Stamm in der Athena-Mediothek, St. Vith
„Es ist ein Buch. Es ist nicht die Wirklichkeit.“
Peter Stamm las aus seinem Roman Weit über das Land und sprach mit Schülern der 5A und 6A über seine Werke sowie das Schreiben und Leben als freier Schriftsteller.
Unkompliziert und authentisch, ein guter Zuhörer und ebenso ernsthafter wie lockerer Gesprächspartner – so hat Peter Stamm die Schüler für sich gewonnen und sie haben einen aufschlussreichen und entspannten Nachmittag mit ihm erlebt. Alle hatten im Vorfeld einen Roman des Autors, entweder Agnes oder Weit über das Land, gelesen.
Man glaubt ihm das, was er sagt. Schreiben ist seine Leidenschaft, die er mit zwanzig für sich entdeckt hat. Er schreibt eher leise Lebensgeschichten, deren Wendungen und Schicksale so selbstverständlich daherkommen und auf den Leser teils vertraut und teils befremdlich wirken, ihn aber nicht mehr loslassen. In Weit über das Land wandert der Leser mit der Hauptfigur durch die Schweizer Berglandschaft und versucht, während dieser über sich selbst reflektiert, dessen Gefühle und Gedanken nachzuvollziehen. Parallel zu seiner Wanderung erhält der Leser einen Einblick in das Leben seiner Frau und Kinder, die weder verstehen, warum er gegangen ist, noch wissen, ob und wann er je wiederkehrt. Die Antworten und endgültigen Erklärungen bleiben aus, die Figuren sind uneindeutig und ihr Verhalten oftmals nicht logisch zu begründen oder eindeutig erklärbar, das Ende offen oder vieldeutig; die Charaktere unaufgeregt, die Sprache lakonisch und präzise.
„Das Buch ist wie eine Welt. Leser treffen Menschen und fragen sich, weshalb sie Dinge tun. […] Ein Buch, das eine Auflösung am Ende hat, löst sich auf“, stellt der Autor in den Raum und gibt die Frage nach Warum und Weshalb an den fragenden Leser zurück. Stamms Romane haben diesen Reiz des Ungewissen, der Leser stellt sich ungewollt Fragen und muss sich die Antworten selbst suchen. Die Geschichte lässt einen nicht sofort los, wenn man die letzte Seite des Buches gelesen hat und es weglegt. Der Erzähler zieht seine Leser in die Geschichte hinein, um sie dann sich selbst zu überlassen; er drängt keine Antworten auf und belehrt nicht: alles bleibt möglich, der Leser entscheidet.
Peter Stamms Roman Weit über das Land ist nominiert für den Euregio-Schüler-Literaturpreis 2020. In den Wettbewerb treten jeweils zwei aktuelle Werke des deutschen, französischen und niederländischen Sprachraums, insgesamt sechs Titel, die auch als Übersetzungen vorliegen.
Diese Veranstaltung fand im Rahmen von Euregio liest in der Athena-Mediothek an der Maria-Goretti-Schule statt. Wir danken den Veranstaltern für dieses einmalige Angebot.
Weitere Infos unter: https://www.euregio-lit.eu/de/projekte/die-euregio-liest/nominierungen-2020
23. Januar 2020
28
Januar